Hilfreiches für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung
Rechtssprechung zum Schulungsanspruch
Immer wieder mal strittig: die Übernahme der Kosten von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Grundsätzlich gilt: „So habe auch die Vertrauensperson im Rahmen eines Beurteilungsspielraums die Befugnis, ihre eigene Teilnahme an einer ihrer Ansicht nach qualitativ höherwertigen – wenn auch teureren – Schulungsmaßnahme zu beschließen. Es gebe kein Gebot zu einer umfassenden Marktanalyse, um den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen, soweit diese nicht qualitativ gleichwertig seien. Nur dann käme eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren in Betracht“ (BAG, Beschl. v. 14.01.2015 - 7 ABR 95/12).
Hier Leitsatz einer aktuellen Entscheidung des LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.03.2021, 11 TaBV 1371/20:
Die Schwerbehindertenvertretung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft wie der Agentur für Arbeit hat ebenso wie die Vertrauensperson von Behörden in Bund, Ländern und Kommunen nach § 179 Abs. 8 Satz 1 SGB IX iVm den Vorschriften der jeweiligen Personalvertretungsgesetze Anspruch auf Übernahme/Freistellung von den durch die Teilnahme an erforderlichen Seminaren auch privater Anbieter entstandenen angemessenen Kosten.
Kostenfreistellung für Vertrauenspersonen
Kostenübernahme Schulungsanspruch
Quelle:Juris
SBV kann Maßnahme stoppen
Hört der Arbeitgeber die SBV vor einer Entscheidung nicht ordnungsgemäß an, kann die SBV deren Ausführung einstweilig stoppen.
Dazu das Gericht:- Der Arbeitgeber wird verpflichtet, die Vollziehung der Entscheidung über die Zuweisung der Mitarbeiterinnen des Beteiligten zum Projektteam bis zur Beteiligung der Antragstellerin auszusetzen und die Beteiligung der Antragstellerin innerhalb von sieben Tagen nachzuholen.
- Dem Arbeitgeber. wird für jede Zuwiderhandlung gegen seine Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR angedroht.
Behinderte Menschen im Beruf
Leistungen im Überblick - Unterstützungsmöglichkeiten für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer - finanzielle Förderung, Beratung Information
Die Arbeitsgemeinschaft der Hauptschwerbehindertenvertretungen beim MSW hat zur Unterstützung der Schwerbehindertenvertretung sehr umfangreiche H a n d r e i c h u n g e n für die Beratungstätigkeit der Schwerbehindertenvertretung erarbeitet und bereitgestellt. Sie ist für Schwerbehindertenvertretungen aus Sicht der Redaktion sehr hilfreich.
§ 165 SGB IX - Besondere Verpflichtung für öffentliche Arbeitgeber
Öffentliche Arbeitgeber müssen freie oder frei werdende Stellen der Agentur für Arbeit melden. Sie müssen schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt -dennoch... Klarstellung § 165 SGB IX
Außerordentliche Kündigung einer Schwerbehindertenvertretung
Die außerordentliche Kündigung des Mitglieds einer Schwerbehindertenvertretung bedarf laut LAG Hamm der Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung und nicht der des Betriebsrates. LAG Hamm, Beschluss vom 21.01.2011, Az: 13 TaBV 72/10
Tenor des Urteils:
Das LAG Hamm gab einer Beschwerde eines Betriebsrates und einer Schwerbehindertenvertretung statt – es muss bei einer Kündigung einer Schwerbehindertenvertretung anstatt des Betriebsrates die
Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden. Sie ist als eigenständige Repräsentantin der schwerbehinderten Menschen in ihrer amtlichen Funktion unmittelbar in ihrer Zusammensetzung betroffen.
Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen besitzen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, namentlich was den Kündigungsschutz angeht, wie Mitglieder des Betriebs-
oder Personalrates.
Wenn einer Schwerbehindertenvertretung außerordentlich gekündigt werden soll, muss auch das Gremium, dem sie angehören, die Zustimmung erteilen. Neben dem Schutz des jeweils betroffenen Amtsträgers soll verhindert werden, dass ein demokratisch gewähltes Gremium durch den Verlust einzelner Mitglieder in seiner Funktionsfähigkeit der Amtsführung beeinträchtigt wird.
Wesentliche Entscheidungen der Jahre 2006 bis 2007
Herausgegeben von der Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion, März 2008 Teil I
Wesentliche Entscheidungen der Jahre 2008 bis 2010
Herausgegeben von der Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion, April 2011 Teil II
Informationsrechte der Schwerbehindertenvertretung
Namensverzeichnis der schwerbehinderten Beschäftigten und Anzeige der Ausgleichsabgabe
Der Arbeitgeber hat jeweils eine Kopie der Anzeige zur Ausgleichsabgabe sowie des Namensverzeichnisses der schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Beschäftigten jährlich vor dem 01. April unaufgefordert (§ 80 Absatz 2 Satz 3 SGB IX) dem
- Betriebsrat/Personalrat,
- der Schwerbehindertenvertretung
- und dem Beauftragten des Arbeitgebers
zu übermitteln.
Außerdem ist der Arbeitgeber nach § 99 Absatz 1 SGB IX verpflichtet, der Schwerbehindertenvertretung zu jedem Zeitpunkt die bei ihm beschäftigten schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen namentlich zu benennen, für deren Interessenwahrnehmung die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 SGB IX zuständig ist. Hierauf hat die Schwerbehindertenvertretung einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Bundesarbeitsgericht - Beschluss vom 16.04.2003 - Aktenzeichen: 7 ABR 27/02
Geschäftsausstattung der SchwbV Text aus Basiskommentar SGB IX §179 (8) vom Bund Verlag
Nach Absatz 8 hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören unter anderem die Kosten für Büroräume, die Büroausstattung (zum Beispiel:Schreibtisch, Stühle, Regale, Ordner, Telefon), Schreibmaterialien, Gesetzestexte, Kommentare, Fachzeitschriften, Reisekosten. Die Schwerbehindertenvertretung kann auch ohne Einverständnis die entsprechenden notwendigen Verpflichtungen eingehen und Anschaffungen vornehmen. Hierunter fallen auch die Kosten, die durch die Teilnahme der Vertrauensperson an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entstehen. Dazu gehören neben der Fortzahlung des Arbeitsentgelts die entstehenden Fahrt-, Verpflegungs-, Übernachtungs- sowie Veranstaltungskosten
(Umlegung der Kosten für Unterrichtsräume, Honorare und Unterrichtsmaterial).
Im Streitfall muss die Schwerbehindertenvertretung den Kostenersatz im arbeits-beziehungsweise verwaltungsgerichtlichen Beschlussverfahren geltend machen.
Der Schwerbehindertenvertretung müssen zur Erfüllung ihrer Aufgaben alle Einrichtungen, die auch dem Betrtiebs- beziehungsweise Personalrat zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen, zugänglich sein. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie für Besprechungen mit schwerbehinderten Arbeitnehmern eigene Räume nutzen können, in denen sie diese Gespräche ungestört führen können. Ist es dem Betriebs- oder Personalrat beispielsweise aufgrund eigener Engpässe nicht möglich, der Schwerbehindertenvertretung die entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, dann muss der Arbeitgeber entweder dem Betriebsrat oder der Schwerbehindertenvertretung entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. In diesem Fall hätte die Schwerbehindertenvertretung einen eigenen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Rechtsstreit der Schwerbehindertenvertretung - wer ist zuständig?
Welches Gericht ist zuständig, wenn ich meine Rechte als Schwerbehindertenvertretung einklagen muss?
Schadensersatz für Interessensvertreter wegen zu weniger Zuschläge LAG Hessen, Urteil vom 07.01.2008 - 12 Sa 387/05
Arbeitnehmer haben nach ihrer Wahl in den Betriebsrat einen Anspruch auf entgangene Lohn- und Gehaltszuschläge. Der Kläger ist als Telefonist beim beklagten Dienstleistungs-unternehmen beschäftigt. Nach seiner Wahl in den Betriebsrat wurde der Arbeitnehmer nicht mehr wie früher verstärkt am Sonntag eingesetzt und erhielt deshalb auch die entsprechenden Wochenendzuschläge nicht mehr. Stattdessen beschäftigte ihn die Beklagte nur noch an Zeiten, in denen er auch seiner Tätigkeit im Betriebsrat
nachkommen konnte.
Der Kläger forderte daraufhin seine hierdurch entstandenen Verdiensteinbußen von seinem Arbeitgeber. Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht verurteilte die Beklagte in zweiter Instanz zur Zahlung von 4.800 Euro Schadensersatz an ihren
Beschäftigten.
Arbeitnehmer dürfen nicht wegen ihres ehrenamtlichen Engagements im
Betriebsrat benachteiligt werden. Eine Verdiensteinbuße durch geänderte
Arbeitszeiten stellt jedoch eine solche Schlechterstellung dar. Der Kläger hat deshalb einen Ausgleichsanspruch nach § 78 BetrVG gegen seinen Arbeitgeber.
Die Redaktion: Gilt aufgrund § 179 Abs. 3 und Abs. 2 SGB IX so auch für die SBV
Personalratssitzung - Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung an der konstituierenden Sitzung Verwaltungsgericht Ansbach - Urteil vom 19.04.2005 - Aktenzeichen: AN 7 P 04.00739
Schulungsanspruch - mehr darüber
weitere Rechtsprechung
Schulungsanspruch für Vertrauenspersonen - ERA-Schulung
Eine Schulung für die Schwerbehindertenvertretung nach §96 Absatz 4 Satz 3 SGB IX muss keine behindertenspezifische Thematik haben, sie muss jedoch einen konkreten Bezug zu den Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung aufweisen. Die Erforderlichkeit ist grundsätzlich zu bejahen für eine einwöchige ERA-Schulung in einem Betrieb, in dem das Entgeltrahmenabkommen gerade umgesetzt wird.
Dies ist zum Beispiel bei Fortbildungen zum Tarifrecht im öffentlichen Dienst anzuwenden. Tarifrecht hat einen konkreten Bezug zu den Aufgaben einer Schwerbehindertenvertretung des öffentlichen Dienstes
Freistellunganspruch - Erforderlichkeit der Beschulung
Die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung ist nicht nur dann erforderlich, wenn sie sich klassisch auf das Schwerbehindertenrecht beschränkt.
Die Kosten für die Fortbildungsveranstaltung können im Wege der einstweiligen Verfügung in Form eines Vorschusses gewährt werden.
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat der Schwerbehindertenvertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren einen Freistellungsanspruch für eine in vier Teilen á zwei Tagen stattfindende Schulungsveranstaltung zum Thema "Wenn ich mit meinem Latein am Ende bin - Umgang mit psychischen Kranken" zuerkannt. hier geht es zum Urteil
VERSCHWIEGENHEITSPFLICHT
Schwerbehinderte müssen darauf vertrauen können, dass alle Tatsachen, die sie mit ihrer Schwerbehindertenvertretung besprechen, vertraulich behandelt und Dritten gegenüber nicht weitergegeben werden. Die schwerbehinderten Menschen müssen sicher sein, dass weder ihre Kolleginnen und Kollegen, noch der Arbeitgeber über Art oder Schwere ihrer Behinderung erfahren.
Eine Ausnahme bildet die Zusammenarbeit mit den Betriebs- oder Personalräten und Mitarbeitervertretungen, mit der Hauptfürsorgestelle, dem Versorgungsamt, und dem Arbeitsamt. Gegenüber diesen Stellen gilt keine Schweigepflicht, da sonst die Beteiligten nicht im Sinne des SGB IX für die Behinderten tätig werden können. Geregelt werden diese Vorschriften in den §§ 179 Abs. 7 und 237 a / b SGB IX.
Die Pflicht zur Verschwiegenheit hat eine Nachwirkungsfrist; sie gilt unbegrenzt auch nach Ausscheiden aus dem Amt. Schwerbehindertenvertretungen sollten sich vergegenwärtigen, dass alle Angaben Schwerbehinderter besonders sensible und vertrauenswürdige Angaben sind, welche oft unter großer Überwindung offenbart werden. Deshalb ist es umso notwendiger, als "Vertrauensperson" über allem Verdacht stehend zu wirken.