Fragen und Antworten - eine Zusammenstellung

6 Wochen Krank: Eingliederungsmanagement ist Pflicht

Ist eine Mitarbeiter innerhalb eines Jahres insgesamt mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig krank, ist der Arbeitgeber gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Das heißt, er muss unter Beteiligung des Mitarbeiters und seiner Interessenvertretung (Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung usw.) klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. 


Umstritten ist seit Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1.5.2004

  • ob die Pflicht sich auf alle Mitarbeiter bezieht und
  • welche Folgen ein unterlassenes Eingliederungsmanagement hat. Das Bundesarbeitsgericht hat für Klarheit gesorgt (BAG - Urteil vom 12.7.2007 - Aktenzeichen: 2 AZR 716/06).

Eingliederungsmanagement für alle Mitarbeiter

Im Urteilsfall ging es um einen Maschinenbediener, der weder schwerbehindert noch gleichgestellt war. Nachdem er über 2 Jahre arbeitsunfähig war, kündigte ihm der Arbeitgeber fristgemäß, ohne ein betriebliches Eingliederungsmanagement versucht zu haben. Der Mitarbeiter klagte gegen die Kündigung. Er meinte, bei entsprechender Ausstattung seines Arbeitsplatzes hätte er weiterhin als Maschinenbediener arbeiten können. Durch Umgestaltung anderer Arbeitsplätze hätte er auch dort eingesetzt werden können. Auf Grund des betrieblichen Eingliederungsmanagements sei der Arbeitgeber hierzu verpflichtet gewesen. 

Das Gericht gab ihm prinzipiell Recht

Damit ist klar, dass sich die Pflicht zum betrieblichen Eingliederungsmanagement auf alle Mitarbeiter bezieht und nicht nur auf Schwerbehinderte. Allerdings wurde der Fall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung ans Landesarbeitsgericht Hamm zurückverwiesen. Dieses mußte nun noch prüfen, ob ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden war oder durch eine zumutbare Umgestaltung geschaffen werden konnte. 

Fehlendes Eingliederungsmanagement erschwert Kündigung

Die Zurückverweisung ist für den Arbeitgeber zunächst positiv, denn damit steht fest: Eine Kündigung wegen Krankheit kann auch dann wirksam sein, wenn kein betriebliches Eingliederungsmanagement versucht wurde. Allerdings muss der Arbeitgeber den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes zufolge im Kündigungsschutzprozess dann beweisen, dass er für den Mitarbeiter keine leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeit hat. 

Hätte der Arbeitgeber vor der Kündigung ein Eingliederungsmanagement versucht, wäre es Sache des Mitarbeiters gewesen, darzulegen, welche Einsatzmöglichkeiten er in dem Unternehmen sieht. Das Eingliederungsmanagement erleichtert dem Arbeitsgeber also die Argumentation im Kündigungsschutzprozess. Am besten machen Sie als Arbeitgeber es sich daher zur Routine, wenn Mitarbeiter längere Zeit krank sind. 

So funktioniert das betriebliche Eingliederungsmanagement 

1. Schritt: Arbeitsunfähigkeitszeiten erfassen

Die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Mitarbeiter sollten kontinuierlich festgehalten werden. Mit Mitarbeitern, die innerhalb der letzten 12 Monate mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig waren, soll das Gespräch gesucht werden. 

2. Schritt: Gespräch mit dem Mitarbeiter

Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter vorab informieren über

  • die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements und
  • Art und Umfang der hierfür erforderlichen Daten (zum Beispiel Fehlzeiten, Angaben über Krankheitsverlauf usw.)

und

  • sein Einverständnis einholen.

Lehnt der Mitarbeiter das betriebliche Eingliederungsmanagement ab, enden hier die diesbezüglichen Aktivitäten des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber sollte die Ablehnung aber aus Beweisgründen unbedingt schriftlich festhalten. Gibt der Mitarbeiter seine Zustimmung, folgt der 3. Schritt. 

3. Schritt: Die maßgeblichen Akteure festlegen

Zwingend hinzugezogen werden muss der Betriebsrat/Personalrat (sofern vorhanden) und - wenn der Mitarbeiter schwerbehindert ist - die Schwerbehindertenvertretung, bei Bedarf auch der Betriebsarzt. Außerdem sollte der direkte Vorgesetzte beteiligt sein, um zu klären, welche Umgestaltungen betrieblich möglich sind, um diese gegebenenfalls in die Wege zu leiten.

 

4. Schritt: Maßnahmen beschließen und durchführen

Dazu sollten folgende Punkte geklärt werden:

  • Welche Qualifikationen und Stärken hat der Mitarbeiter? Welche Einschränkungen liegen vor? Welche Tätigkeiten bereiten ihm Probleme? Wie stellt er sich selbst seinen weiteren Berufsweg vor?
  • Wo und wie kann er künftig weiter eingesetzt werden – zum Beispiel nach Umgestaltung des Arbeitsplatzes, an einem anderen Arbeitsplatz, mit kürzerer Arbeitszeit?
  • Welche Maßnahmen (zum Beispiel technische Hilfsmittel, Schulung des Mitarbeiters) sind dazu erforderlich?
  • Wer gibt finanzielle Unterstützung (zum Beispiel Integrationsamt, Rentenversicherungsträger, Arbeitsagentur)?

5. Schritt: Kontrolle 
Es sollte nach 1 bis 2 Monaten geprüft werden, ob der Mitarbeiter am veränderten beziehungsweise neuen Arbeitsplatz normal leistungsfähig ist.